Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs suchten die wenigen überlebenden Sinti und Roma oft erfolglos nach ihren Familienangehörigen und Bekannten. Durch die körperlichen und seelischen Folgen der Lagerhaft, den Verlust des sozialen Umfelds und ihres gesamten Besitzes standen viele vor dem Nichts. Von den deutschen Behörden konnten sie keine Unterstützung erwarten. Ganz im Gegenteil: Diese knüpften an die Praktiken der Ausgrenzung an.
Der Völkermord an den Sinti und Roma wurde in beiden deutschen Staaten kaum thematisiert. Einen angemessenen Umgang mit den Überlebenden und ihren Nachkommen hat es staatlicherseits nicht gegeben. Dies zeigte sich unter anderem bei Umgang mit Renten- bzw. Entschädigungszahlungen.
n der DDR lebten nur wenige Überlebende des Völkermordes an den Sinti und Roma. Prinzipiell konnten sie Zugang zu Rentenzahlungen erhalten. Die dafür notwendige Anerkennung als „Opfer des Faschismus“ war aber an diskriminierende Sonderbestimmungen gebunden, z. B. die Meldung beim Arbeitsamt. Zudem war diese Anerkennung immer wieder umstritten und konnte beispielsweise infolge von Denunziationen wegen angeblichen „asozialen Verhaltens“ wieder zurückge- nommen werden.
In der BRD hatten Personen Anspruch auf Entschädigungszahlungen, die „aus Gründen der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung“ körperlichen oder wirtschaftlichen Schaden erlitten hatten. So steht es im 1953 verabschiedeten Bundesentschädigungsgesetz.
Besonders folgenschwer war das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Januar 1956, das im Wesentlichen die Argumentationsmuster der NS-Behörden aufgriff: Bei der Mai-Deportation 1940 habe es sich nicht um eine „spezifisch rassenverfolgende“ Maßnahme gehandelt.
Die meisten NS-Täter_innen wurden nicht zur Verantwortung gezogen. So konnten beispielsweise Robert Ritter und Eva Justin ihre Karrieren nach 1945 fortsetzen.
In Polizeirevieren und anderen Behörden waren Sinti und Roma immer wieder mit Amtsträger_innen konfrontiert, die an Verfolgungsmaßnahmen in der NS-Zeit als Täter_innen beteiligt gewesen waren. Einige konnten sogar in Entschädigungsverfah- ren als „Expert_innen“ auftreten und ihre Taten erneut als legitimes Handeln im Rahmen der „Kriminalprävention“ darstellen.
Auch in den „Landfahrerzentralen“, die bei verschiedenen Landespolizeien eingerichtet wurden, arbeiteten teilweise NS-Täter_innen. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist die 1946 als „Zigeunerpolizei“ gegründete und später umbenannte „Nachrichtensammel- und Auskunftsstelle über Landfahrer“ bei der Polizeidirektion München. Beamte wie Josef Eichberger, Karl-Wilhelm Supp und Rudolf Uschold waren schon während des Nationalsozialismus an der Verfolgung von Sinti und Roma beteiligt und konnten nun die pauschale Erfassung von Angehörigen der Minderheit fortsetzen. Dabei griffen sie auch auf Aktenbestände aus der NS-Zeit zurück.
Ähnliche Kontinuitäten gab es an Universitäten und in der Forschung: Sophie Ehrhardt war bis 1945 Mitarbeiterin bei Robert Ritter an der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“. Ab 1950 arbeitete sie als Dozentin an der Universität Tübingen und griff für ihre wissenschaftliche Arbeit auf die Unterlagen der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ zurück. Zwischen 1966 und 1970 erhielt sie dafür von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Fördermittel. Ermittlungen gegen Sophie Ehrhardt in den 1960er und 1980er Jahren wurden ohne Ergebnis eingestellt. Ein Strafantrag wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Mord, gestellt vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, wurde von der Staatsanwaltschaft Stuttgart zurückgewiesen.